
Marokko - eines meiner first times in 2025.
Nach 5 Jahren Europa nicht verlassen und Alpen-Urlauben war es wieder spürbar, dieses Fernweh. Zum Glück hat meine Kollegin einen hervorragenden Job gemacht und die neue Young-Summit-Reise auch intern erfolgreich vermarktet. Das klang vielversprechend: Das erste Mal über 4000 m, das erste Mal Atlas-Gebirge und das erste Mal Wüste. Gepaart mit Kultur und ganz viel Gefühl von: „Hier tauche ich in eine andere Welt ein.“
Den ersten Tag verbringe ich allein und genieße es sehr, mich auf Marrakesch einzulassen und meine Seele erstmal ankommen zu lassen. Ich schaue mir den Jardin Majorelle an und plaudere eine halbe Stunde lang mit dem einheimischen Besitzer eines klitzekleinen Cafés. Der nächste Morgen - meine beste Freundin kam am Abend zuvor und beim Frühstück können wir es noch immer nicht glauben: Sie aus Schweden angereist, ich aus Deutschland, wir beide, hier, in Afrika, auf dem Weg zum höchsten Berg Nordafrikas - dem Jebel Toubkal. Die Aufregung ist deutlich spürbar. Das erste Kennenlernen der Gruppe erfolgt am Frühstückstisch, während wir Msemen, die flachen, blättrigen marokkanischen Teigfladen essen. Kulinarisch bin ich übrigens schon gestern bei meiner ersten vegetarischen Tajine im 7. Himmel angelangt.

Wie natürlich sich unsere Gruppe anfühlt, merken wir schnell. Auf dem Weg mit dem Bus ins Berberdorf Imlil kommen wir ins Gespräch und stellen uns einander vor. “Wir haben ja noch ein bisschen Zeit.” stellen wir fest, als uns bereits die Köpfe rauchen von der Aufnahme der vielen Infos. Jamal, unser liebenswerter und angenehm gesprächiger Guide wird in Imlil durch den jungen Assistant Guide Abdul ergänzt. Wie umsichtig die zwei sind und uns von allen Seiten supporten, zeigen mir die nächsten Tage. Es sind einige Höhenmeter zu überwinden und wenn hier die Trittsicherheit und Fitness nicht stimmt, wirds einfach hart. Im Hohen Atlas finde ich eine wahnsinnige Weite mit rötlichen und grünlichen Farbtönen vor (Eisen und oxidiertes Eisen im Gestein), die ich so von den Alpen her nicht kenne. Ich weiß noch, wie ich beim ersten Mittagessen aus dem Staunen nicht herauskomme, als wir auf Stühlen am Tisch unser erstes Mittagessen auf einer Passhöhe genießen, bevor wir vorher völlig unerwartet zig Schmetterlinge auf unserem Abstecher zu unserem ersten Gipfel sehen. Hier oben, bei der spärlichen Vegetation?

Ach ja und Tee: Tee ist unser neuer way auf life während unserer Reisezeit. Wenn wir Grüntee mit frischer Minze nicht 5x pro Tag im hohen Bogen in unsere kleinen Gläser eingeschenkt bekommen, fehlt er uns. Wir machen uns zur Aufgabe, den Abstand zwischen Glas und Teekanne immer weiter zu vergrößern. Ja, wir üben regelrecht! Wenn es das Gelände erlaubt mal nur so dahin zu laufen, erzählt uns Jamal eine seiner vielen Rätsel, die er im Kopf hat. “I have another riddle for you” gehört in diesen Tagen zu uns wie die Minze in den Grüntee.




Der Gipfeltag. Windig und kurz heftig regnerisch war’s in der Nacht im Zelt, aber als wir die Stirnlampen aufziehen, ist der Wettergott ganz auf unserer Seite. Steil und steinig, mit der aufgehenden Sonne im Blick, die Stück für Stück die Gipfel in Orange aufleuchten lässt, gehen wir in Richtung Toubkal. Und das tatsächlich: Ganz allein. Ich drehe mich ständig um, damit ich den Ausblick genießen kann und als irgendwann die 4000er Marke erreicht ist jubeln wir. Denn schließlich sind ein paar von uns zum ersten Mal auf dieser Höhe angekommen. Nebel und Wolken ziehen am Gipfel in Windeseile weiter, sodass sich der 360-Grad-Blick minütlich ändert. Glücksgefühle!

Und jetzt geht’s 1800 Höhenmeter bergab. Let’s do it. Als gar nicht mal so unanspruchsvoll stellt sich der Abstieg heraus. Ein Erdbeben hat vor ein paar Jahren den ein oder anderen Weg zerstört und so nimmt man jeden Stein wie er kommt. Lang dauert es, aber auch hier wird beim Lunch wieder dermaßen aufgetischt, dass die müden Beine schnell vergessen sind.
Lichtspiel, kurzer Graupel, ja sogar ein Gewittergrollen in der Ferne. Im Hohen Atlas schwingt das Wetter gerne mal schnell um. Und die Szenerie reicht von steinig bis saftig grün. Überall dort, wo Wasserleitungen durch die Dorfbewohner verlegt wurden, denkt man kurz, man sei in einer anderen Gebirgsgruppe. Ich bin immer wieder verzaubert und erstaunt von der Abwechslung, die ich nicht erwartet hatte.




Nach 4 Tagen am Berg und 3 Nächten im Zelt verlassen wir den Hohen Atlas und gehen zum kulturellen Teil über. Ich mache erstmals eine Reise mit diesem Mix und bin ein Fan. Die erste Kasbah in Quarzazate, das von Palmen gesäumte Draa-Tal: Für mich persönlich ein kleines Highlight: Einfach während der Fahrt aus dem Fenster schauen und die vielen Dörfer mit einheimischen everyday life an sich vorbeiziehen zu lassen. Ich liebe es diese andere Welt auf mich wirken zu lassen. Auf einem einheimischen Markt sind wir die einzigen Touris, stecken uns eine frische Dattel in den Mund und sind natürlich eine kleine Attraktion. Wie viel Glück wir mit unseren Guides haben, zeigt auch der weitere Verlauf der Reise: Jamal ist ein wandelndes Geschichtsbuch und weiß genau die interessanten Fakten zu erzählen, die einem im Gedächtnis bleiben.

Im Töpferdorf bin ich kurz im Keramik-Himmel und als wir die Einzigen in einer frisch restaurierten Kasbah sind, genieße ich die Stille und die vielen kleinen Details aus Marmor und Zedernholz. Zagora ist das Tor zur Wüste und der Ort, in dem wir uns nach langer Fahrt den Sprung in den Hotelpool und die verdiente Dusche gönnen, bevor es in der Früh in Richtung Erg Chegaga geht. Angekommen am Camp, wo es Lunch für uns gibt, erkunden wir die ersten Sanddünen. „These are small.” erfahren wir von Abdul, während wir mit Wasserflasche in der Hand durch den Sand spazieren.
Ich hab unterschätzt, wie "satisfying" es ist, Sand beim Rieseln zuzuschauen, bis die Sonne am Abend untergeht, während wir auf einer der hohen Dünen einfach nur existieren und die Weite der Sahara genießen. Das ist auch Urlaub!

Nachdem wir in Aid-Ben-Haddou durch das Flussbett des Ounila-Tals spazieren, ich endlich weiß, wie Datteln und Mandeln wachsen und wir völlig ungeplant neben einem einheimischen Kiosk mit dem Besitzer eine halbe Stunde lang kickern und Billard spielen, bin ich nochmal bereit für die verschachtelten Souks in Marrakesch. Die letzten Tajines und Msemen und einen Abschlusscocktail auf einer der vielen Dachterrassen später, nähern wir uns tatsächlich dem Ende einer beeindruckenden und intensiven Reise. Nach einem emotionalen Abschied von unseren Guides mache ich mich mit meiner besten Freundin privat auf in Richtung Essaouira, ein Tipp an der windigen Atlantikküste: Der perfekte Ort für die Seele baumeln und Revue passieren lassen und natürlich Hirn durchlüften.

Danke Marokko, wir werden uns wiedersehen.